Das sind die Anzeichen, dass du anfälliger für Untreue bist als andere, laut Psychologie

Warum manche Menschen eher fremdgehen als andere – und was das mit deiner Kindheit zu tun hat

Okay, hier kommt eine unbequeme Wahrheit: Nicht jeder Mensch hat das gleiche Risiko, seinen Partner zu betrügen. Und bevor du jetzt empört aufschreist – nein, das ist keine moralische Verurteilung. Es geht nicht darum, wer ein „guter“ oder „schlechter“ Mensch ist. Die Wissenschaft zeigt vielmehr, dass bestimmte psychologische Muster, die oft schon in der Kindheit entstehen, manche von uns anfälliger für Untreue machen. Das Spannende daran? Diese Muster haben nichts mit fehlender Moral zu tun, sondern mit der Art, wie unser Gehirn Nähe, Bindung und Aufregung verarbeitet.

Falls du dich jetzt fragst, ob du zu dieser Risikogruppe gehörst – keine Panik. Dieser Artikel ist keine Anklage, sondern eine Einladung zur Selbstreflexion. Denn wenn du verstehst, welche psychologischen Mechanismen hinter Untreue stecken, kannst du bewusster mit deinen Beziehungen umgehen. Und das ist der erste Schritt, um alte Muster zu durchbrechen.

Die Persönlichkeits-Connection: Warum dein Charakter eine Rolle spielt

Psychologen arbeiten gerne mit den sogenannten Big Five – fünf grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen, die ziemlich gut beschreiben, wie wir ticken. Eine Studie von Lars Satow aus dem Jahr 2012 untersuchte, wie diese Dimensionen mit emotionaler Untreue zusammenhängen. Das Ergebnis war eindeutig: Menschen mit geringer Verträglichkeit – also Leute, die eher skeptisch, wettbewerbsorientiert und weniger kooperativ sind – zeigten eine deutlich höhere Korrelation mit emotionaler Untreue.

Aber es kommt noch besser: Auch Menschen mit hoher Offenheit für Erfahrungen, die ständig nach neuen Reizen und Abenteuern suchen, waren anfälliger. Das sind die Leute, für die Routine der absolute Horror ist und die immer das nächste aufregende Erlebnis brauchen. Klingt erst mal nicht schlimm, oder? Das Problem ist nur: In einer langfristigen Beziehung bedeutet das oft, dass die Person unbewusst nach Stimulation außerhalb der Partnerschaft sucht, wenn die Schmetterlinge im Bauch nachlassen.

Hier wird es richtig interessant: Der stärkste Faktor war gar nicht die Persönlichkeit allein, sondern die Beziehungszufriedenheit. Menschen in unglücklichen Beziehungen sind – Überraschung – viel anfälliger für Seitensprünge. Das zeigt: Deine Persönlichkeit ist kein Schicksal. Sie ist eher wie ein Thermostat, das in bestimmten Situationen besonders empfindlich reagiert.

Bindungsstile: Die unsichtbare Hand aus deiner Kindheit

Jetzt wird es persönlich. Hast du schon mal von Bindungsstilen gehört? Falls nicht, schnall dich an, denn das könnte einiges in deinem Leben erklären. Die Bindungstheorie besagt, dass die Art und Weise, wie deine Eltern oder Bezugspersonen mit dir umgegangen sind, dein gesamtes Beziehungsverhalten prägt. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern fundamental.

Es gibt verschiedene Bindungsstile, aber die zwei problematischsten sind der vermeidende und der ängstlich-ambivalente Stil. Eine Studie von Helms aus dem Jahr 2001 fand heraus, dass Menschen mit vermeidendem Bindungsstil, kombiniert mit einer permissiven Einstellung zur Sexualität und niedriger Beziehungszufriedenheit, ein deutlich höheres Risiko für Untreue haben.

Der vermeidende Typ: „Komm mir nicht zu nahe“

Menschen mit vermeidendem Bindungsstil hatten oft Eltern, die emotional nicht verfügbar waren. Als Kind haben sie gelernt, dass Nähe unsicher oder sogar bedrohlich ist. Als Erwachsene haben diese Menschen massive Schwierigkeiten mit emotionaler Intimität. Sie sehnen sich zwar nach Beziehungen, fühlen sich aber schnell eingeengt, wenn es ernst wird. Das klassische „Ich brauche Freiraum“-Drama kennen wir alle, oder?

Das Tückische: Diese Menschen ziehen sich nicht zurück, weil sie ihre Partner nicht mögen. Ihr Gehirn ist einfach so verdrahtet, dass zu viel Nähe Stress auslöst statt Geborgenheit. Und wenn dieser Stress zu groß wird, suchen sie unbewusst Auswege – manchmal in Form von emotionalen oder körperlichen Affären, die ihnen die Illusion von Autonomie zurückgeben.

Der ängstlich-ambivalente Typ: „Liebst du mich noch?“

Am anderen Ende des Spektrums haben wir Menschen mit ängstlich-ambivalentem Bindungsstil. Diese hatten Bezugspersonen, die manchmal da waren, manchmal nicht – total unberechenbar. Als Erwachsene brauchen diese Menschen ständige Bestätigung. Sie klammern, überanalysieren jede WhatsApp-Nachricht und haben panische Angst vor Zurückweisung.

Klingt erst mal nicht nach einem Untreue-Risiko, oder? Aber hier kommt der Twist: Diese Menschen können regelrecht süchtig nach Aufmerksamkeit werden. Wenn ihr Partner nicht genug Bestätigung liefert – und seien wir ehrlich, niemand kann rund um die Uhr emotionale Vollversorgung leisten – suchen sie diese Bestätigung woanders. Nicht unbedingt durch Sex, sondern oft durch intensive emotionale Verbindungen zu anderen Menschen. Das „Ich hab da einen guten Freund, dem ich alles erzählen kann“-Szenario, das schnell gefährlich werden kann.

Dein Gehirn auf Bindung: Warum Hormone verrücktspielen

Hier wird die Wissenschaft richtig faszinierend. Bei Menschen mit unsicheren Bindungsstilen funktionieren die Bindungshormone Oxytocin und Dopamin anders als bei sicher gebundenen Menschen. Normalerweise sorgt Oxytocin dafür, dass wir uns bei Nähe wohl und geborgen fühlen – das klassische Kuschelhormon. Bei unsicher gebundenen Menschen kann es aber paradoxerweise Stress auslösen.

Das Gehirn sendet dann Alarmsignale statt Wohlfühlgefühle. Nähe wird zur Bedrohung. Kein Wunder, dass diese Menschen unbewusst Strategien entwickeln, um dieser inneren Spannung zu entkommen. Bei vermeidenden Typen ist es oft Distanzierung, bei ängstlichen die Suche nach zusätzlicher Bestätigung von außen. Beides kann zu Untreue führen – nicht aus Bösartigkeit, sondern als verzweifelter Versuch, das innere Chaos zu regulieren.

Die Risikofaktoren-Checkliste: Erkennst du dich wieder?

Lass uns konkret werden. Basierend auf wissenschaftlichen Studien gibt es bestimmte Merkmale, die immer wieder als Risikofaktoren auftauchen. Das bedeutet nicht, dass du automatisch zum Betrüger wirst, wenn du einige davon erkennst. Aber es sind Warnsignale, die du kennen solltest.

  • Du bist eher misstrauisch und wettbewerbsorientiert: Konflikte löst du nicht durch Kompromisse, sondern durch Konfrontation oder Rückzug. Kooperation fällt dir schwer, und du fühlst dich schnell angegriffen.
  • Routine ist dein persönlicher Alptraum: Du brauchst ständig neue Reize, Abwechslung und Abenteuer. Wenn dein Leben zu vorhersehbar wird, fühlst du dich rastlos und unerfüllt.
  • Du bist in deiner Beziehung unglücklich: Ob sexuell, emotional oder kommunikativ – wenn grundlegende Bedürfnisse nicht erfüllt werden, steigt das Risiko dramatisch. Das ist der Elefant im Raum, den niemand ansprechen will.
  • Dein Selbstwert hängt an externer Bestätigung: Du brauchst ständig Komplimente, Likes und Aufmerksamkeit von anderen, um dich wertvoll zu fühlen. Wenn diese ausbleibt, fühlst du dich leer.
  • Emotionale Nähe macht dir Angst: Wenn dein Partner dir zu nahe kommt, ziehst du dich zurück oder sabotierst unbewusst die Beziehung durch Streit oder Distanz.
  • Du lebst im Moment und denkst nicht an Konsequenzen: Spontanität ist deine Stärke, aber Impulskontrolle deine Schwäche. Du triffst Entscheidungen aus dem Bauch heraus, ohne über langfristige Folgen nachzudenken.

Situative Faktoren: Warum die Umstände zählen

Hier kommt die gute Nachricht: Selbst wenn du mehrere dieser Merkmale bei dir erkennst, bist du nicht zum Scheitern verurteilt. Eine deutsche Studie von Plack aus dem Jahr 2010 untersuchte über 2500 Menschen und fand heraus, dass situative Faktoren mindestens genauso wichtig sind wie Persönlichkeit.

Die stärksten Prädiktoren waren niedrige partnerschaftliche und sexuelle Zufriedenheit. Aber auch Gelegenheiten spielten eine massive Rolle. Menschen, die beruflich viel reisen oder in Jobs mit vielen sozialen Kontakten außerhalb der Beziehung arbeiten, hatten ein höheres Risiko. Interessanterweise wirkte Religiosität schützend – nicht unbedingt, weil religiöse Menschen „moralischer“ sind, sondern weil religiöse Überzeugungen zusätzliche normative Barrieren schaffen.

Das zeigt: Deine Persönlichkeit lädt die Waffe, aber die Situation drückt ab. Oder eben nicht. Du hast viel mehr Kontrolle, als du denkst.

Was du jetzt damit machen kannst

Okay, du hast jetzt einen Haufen psychologischer Informationen im Kopf. Aber was hilft das konkret? Hier wird es praktisch. Erstens: Selbstreflexion ohne Selbstverurteilung. Wenn du einige dieser Muster in dir erkennst, macht dich das nicht zu einem schlechten Menschen. Es bedeutet nur, dass du bestimmte Schwachstellen hast. Und Bewusstsein ist der erste Schritt zur Veränderung. Du kannst nichts ändern, was du nicht siehst.

Zweitens: Nimm Beziehungszufriedenheit ernst. Die Forschung ist glasklar: Unzufriedenheit ist der stärkste Prädiktor für Untreue. Wenn du in deiner Beziehung unglücklich bist, ignoriere es nicht. Sprich darüber, auch wenn es unbequem ist. Hol dir professionelle Hilfe durch Paartherapie. Eine ungelöste Unzufriedenheit ist wie ein offenes Fenster – es lädt Versuchungen förmlich ein.

Drittens: Verstehe deine Bindungsmuster. Wenn du einen unsicheren Bindungsstil hast, ist das kein lebenslanger Fluch. Bindungsstile können sich durch bewusste Arbeit und neue, sichere Beziehungserfahrungen verändern. Therapie, besonders bindungsorientierte Ansätze, kann hier tatsächlich Wunder wirken. Du bist nicht gefangen in den Mustern deiner Kindheit.

Viertens: Gestalte deine Umgebung bewusst. Wenn du weißt, dass du anfällig für bestimmte Situationen bist – vielleicht weil du viel Bestätigung brauchst oder schlecht mit Routine umgehen kannst – dann schaffe Strukturen, die dich schützen. Das ist kein Misstrauen, sondern intelligentes Selbstmanagement. Baue in deine Beziehung bewusst Abwechslung und Aufmerksamkeit ein, bevor die Langeweile zuschlägt.

Verantwortung übernehmen ohne Selbstgeißelung

Hier wird es ernst: All diese psychologischen Erklärungen sind keine Ausreden. Ja, deine Persönlichkeit und deine Bindungsgeschichte beeinflussen dein Verhalten. Aber sie determinieren es nicht. Du hast immer noch die Fähigkeit zu wählen. Die Forschung zeigt Korrelationen, keine Kausalitäten. Menschen mit vermeidendem Bindungsstil betrügen nicht zwangsläufig – sie haben nur ein höheres Risiko, besonders wenn andere Faktoren hinzukommen. Aber du kannst diese Muster erkennen und aktiv dagegen arbeiten.

Untreue passiert nicht einfach. Sie entwickelt sich durch eine Reihe von Entscheidungen – kleine Grenzüberschreitungen, ignorierte Warnsignale, unausgesprochene Bedürfnisse. Wenn du deine Risikofaktoren kennst, kannst du diese kritischen Entscheidungspunkte früher erkennen und anders handeln. Das ist der Unterschied zwischen Opfer deiner Muster sein und aktiv dein Leben gestalten.

Die spannendste Erkenntnis aus all dieser Forschung ist nicht, dass manche Menschen zum Betrügen geboren sind. Es ist, dass wir alle unterschiedliche psychologische Landkarten haben – mit eigenen Schwachstellen, Bedürfnissen und Mustern. Und diese Landkarten wurden größtenteils in unserer Kindheit gezeichnet, ohne dass wir es mitbekommen haben. Aber hier ist die wirklich gute Nachricht: Diese Landkarten sind nicht in Stein gemeißelt. Du kannst sie umzeichnen.

Wenn du erkennst, dass du einen vermeidenden Bindungsstil hast, kannst du bewusst an emotionaler Intimität arbeiten, statt reflexartig zu fliehen. Wenn du merkst, dass du ständig nach Bestätigung suchst, kannst du lernen, dein Selbstwertgefühl von innen zu stärken. Wenn du feststellst, dass deine Beziehung dich nicht erfüllt, kannst du das Problem angehen, bevor es eskaliert. Untreue ist kein unvermeidliches Schicksal. Sie ist oft das Ergebnis unerkannter und unbewältigter psychologischer Muster.

Diese Muster können erkannt, verstanden und verändert werden. Du bist nicht deinen ersten Bindungserfahrungen oder deiner Persönlichkeit hilflos ausgeliefert. Du hast die Macht, bewusste Entscheidungen zu treffen – aber nur, wenn du weißt, womit du arbeitest. Also, bist du eine der Personen, die anfälliger für Untreue sind? Vielleicht. Aber jetzt, wo du es weißt, kannst du etwas dagegen tun. Und das macht den ganzen Unterschied zwischen einem Leben auf Autopilot und einem Leben in bewusster Selbstbestimmung.

Welcher Bindungsstil prägt dein Beziehungsverhalten am stärksten?
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