Eistee gilt bei vielen Eltern als vermeintlich harmlose Alternative zu Limonade – schließlich steht „Tee“ im Namen, und das klingt erst einmal gesund. Doch ein genauer Blick auf die Zutatenliste zahlreicher Produkte offenbart eine andere Realität: Hinter komplizierten Fachbegriffen und E-Nummern verbergen sich häufig Zusatzstoffe, die in Kinderernährung kritisch zu betrachten sind. Was auf der Verpackung bunt und natürlich wirkt, entpuppt sich beim näheren Hinsehen oft als hochverarbeitetes Industrieprodukt mit Zuckermengen, künstlichen Farbstoffen und Aromen, die nichts mit dem zu tun haben, was man sich unter einem gesunden Getränk für Kinder vorstellt.
Warum gerade Eistee problematisch sein kann
Die Beliebtheit von Eistee bei Kindern ist kein Zufall. Süßer Geschmack, bunte Verpackungen mit Comic-Figuren und die Assoziation mit dem Naturprodukt Tee machen ihn attraktiv. Gleichzeitig nutzen Hersteller diese Popularität, um Produkte zu verkaufen, die oft mehr mit Softdrinks als mit Tee gemeinsam haben. Bei vielen Produkten am Markt liegt der tatsächliche Teegehalt so niedrig, dass sie nicht einmal als Teegetränk im rechtlichen Sinne gelten – dafür wäre ein Mindestgehalt von 0,12 Prozent Trockenextrakt aus Tee erforderlich. Tatsächlich fällt nur etwas mehr als die Hälfte der am Markt erhältlichen Produkte überhaupt in diese Kategorie.
Besonders tückisch ist dabei die falsche Sicherheit, in der sich Eltern wiegen. Während sie bei klassischen Limonaden skeptisch sind, greifen sie bei Eistee vermeintlich zur gesünderen Option. Diese Wahrnehmung machen sich Hersteller geschickt zunutze – mit Folgen für die Gesundheit der jüngsten Konsumenten, die täglich mit Zucker, Koffein und künstlichen Zusatzstoffen konfrontiert werden.
Das unterschätzte Problem: Koffein in jedem Produkt
Ein Aspekt, der in der öffentlichen Wahrnehmung oft untergeht, ist der Koffeingehalt von Eistee. Marktchecks zeigen ein alarmierendes Bild: Alle untersuchten Eistee-Produkte enthalten Koffein, das aus dem verwendeten Tee stammt. Koffein wirkt auf das zentrale Nervensystem und kann in zu großen Mengen Herzrasen, Übelkeit und Kreislaufstörungen auslösen – besonders bei Kindern, deren Stoffwechsel noch nicht vollständig entwickelt ist.
Das eigentliche Problem liegt in der mangelnden Kennzeichnung: Auf weniger als einem Drittel der Verpackungen findet sich ein Hinweis auf das enthaltene Koffein. Dieser Hinweis ist rechtlich nicht verpflichtend, wenn Tee in der Zutatenliste angegeben wird. Eltern kaufen damit unwissentlich koffeinhaltige Getränke für ihre Kinder, ohne sich der stimulierenden Wirkung bewusst zu sein. Während ein Energy-Drink mit Warnhinweisen versehen ist, kommt der Eistee in bunter Kinderoptik daher und verschweigt die aufputschende Wirkung.
Das Versteckspiel mit den Farbstoffen
Leuchtend gelb, intensiv rot oder verlockend orange – Farbstoffe spielen eine zentrale Rolle bei der optischen Gestaltung von Eistee-Produkten. Was viele nicht wissen: Hinter Begriffen wie „Karottenextrakt“ oder „Rote-Beete-Konzentrat“ verbergen sich oft hochkonzentrierte Farbstoffe, die zwar natürlichen Ursprungs sind, aber in solchen Mengen eingesetzt werden, dass sie mit natürlicher Färbung wenig zu tun haben.
Noch problematischer sind synthetische Farbstoffe, die mit E-Nummern gekennzeichnet werden. Studien zeigen, dass künstliche Farbstoffe mit Hyperaktivität bei Kindern in Verbindung gebracht werden können. Das eigentliche Problem liegt in der fehlenden Transparenz: Verbraucher können nicht erkennen, in welcher Konzentration diese Stoffe eingesetzt werden. Die Angabe „färbendes Lebensmittel“ klingt harmlos, sagt aber nichts über die tatsächliche Menge aus.
Aromastoffe: Wenn aus wenig Tee viel Geschmack wird
Der intensive Pfirsich-, Zitronen- oder Waldfrüchte-Geschmack vieler Eistee-Produkte stammt selten von echten Früchten oder Tee. Stattdessen kommen Aromen zum Einsatz – und hier wird es kompliziert. Marktuntersuchungen zeigen, dass fast 60 Prozent der Produkte synthetische, im Labor hergestellte Aromen verwenden, während knapp 40 Prozent natürliche Aromen nutzen. Nur zwei von 54 untersuchten Produkten kamen ganz ohne Aromastoffe aus.
Die Kennzeichnung unterscheidet zwischen „natürlichen Aromen“ und „künstlichen Aromen“, wobei diese Unterscheidung für Laien kaum durchschaubar ist. Ein „natürliches Zitronenaroma“ bedeutet, dass mindestens 95 Prozent des Aromas aus der benannten Frucht stammen müssen. Bei der bloßen Angabe „natürliches Aroma“ ohne Fruchtbezug kann der Ausgangsstoff jedoch beliebige pflanzliche oder tierische Rohstoffe sein, solange sie natürlichen Ursprungs sind. Fruchtsaft ist in fertigen Eistees kaum enthalten. Der fruchtige Geschmack kommt von zugesetzten Aromen. Nur etwa ein Drittel der Produkte hat einen Fruchtgehalt von drei Prozent oder mehr – eine verschwindend geringe Menge für einen vermeintlich fruchtigen Durstlöscher.

Die Gewöhnung an Intensivgeschmack
Besonders bedenklich bei Kinderprodukten ist die langfristige Prägung des Geschmacksempfindens. Künstlich intensivierte Aromen trainieren die Geschmacksnerven auf überhöhte Reize. Natürliche Lebensmittel wie frisches Obst oder ungesüßter Tee erscheinen dann fade und uninteressant. Diese frühe Prägung kann das Essverhalten für Jahre oder gar Jahrzehnte beeinflussen und dazu führen, dass Kinder später Schwierigkeiten haben, natürliche Lebensmittel zu akzeptieren.
Zucker: Die süße Wahrheit hinter den Zahlen
Ein wesentlicher Kritikpunkt ist der Zuckergehalt fertiger Eistees. Umfangreiche Marktchecks dokumentieren, dass 95 Prozent der untersuchten Eistees Zucker enthalten. Der Zuckergehalt variiert zwischen null und 8,8 Gramm pro 100 Milliliter, mit einem Durchschnittswert von 5,77 Gramm pro 100 Milliliter. Bei einer handelsüblichen 500-Milliliter-Flasche bedeutet dies durchschnittlich knapp 29 Gramm Zucker – bereits mehr als die von Gesundheitsorganisationen empfohlene Tagesmenge für Kinder.
Die vier süßesten untersuchten Produkte enthielten mehr als sieben Zuckerwürfel pro Glas. Diese Mengen liegen deutlich über dem, was für eine ausgewogene Kinderernährung vertretbar ist. Der regelmäßige Konsum solch zuckerhaltiger Getränke trägt zur Entwicklung von Übergewicht, Karies und langfristig auch zu Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Typ 2 bei. Was als erfrischender Durstlöscher daherkommt, entpuppt sich als regelrechte Zuckerbombe.
Konservierungsmittel und die Cocktail-Problematik
Eistee-Produkte müssen haltbar sein, oft über Monate hinweg und auch nach dem Öffnen. Dafür sorgen Konservierungsmittel, die mikrobielles Wachstum verhindern. Zu den häufigsten gehören Kaliumsorbat und Natriumbenzoat. Beide gelten grundsätzlich als zugelassen, können aber bei empfindlichen Personen Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen.
Das größere Problem liegt in der Kombination verschiedener Zusatzstoffe. Nur vier von 54 untersuchten Produkten sind frei von jeglichen Zusatzstoffen. Die meisten Eistees kombinieren Farbstoffe, Aromen, Konservierungsmittel und Süßstoffe – ein Cocktail, dessen Langzeitwirkung auf den kindlichen Organismus nicht abschließend erforscht ist. Einzelne Stoffe mögen in Studien unbedenklich sein, doch wie sie im Zusammenspiel wirken, bleibt weitgehend unklar.
Worauf Verbraucher achten sollten
Der Schutz von Kindern vor überflüssigen Zusatzstoffen beginnt beim bewussten Einkauf. Die Zutatenliste sollte kurz und verständlich sein. Je mehr unaussprechbare Begriffe und E-Nummern auftauchen, desto verarbeiteter ist das Produkt in der Regel. Ein Blick auf den tatsächlichen Teegehalt lohnt sich ebenfalls – liegt er deutlich unter den gesetzlichen Mindestanforderungen, handelt es sich eher um aromatisiertes Zuckerwasser als um ein Teegetränk.
Der Zuckergehalt ist entscheidend: Produkte mit Werten über sechs Gramm pro 100 Milliliter sollten die Ausnahme bleiben, nicht die Regel. Aufmerksamkeit verdient auch die Koffein-Kennzeichnung. Da diese nicht verpflichtend ist, sollten Eltern davon ausgehen, dass alle schwarztee- oder grünteehaltigen Eistees Koffein enthalten – auch wenn dies nicht explizit vermerkt ist. Hilfreich ist auch die Prüfung alternativer Kennzeichnungen: Begriffe wie „ohne künstliche Farbstoffe“ bedeuten nicht automatisch, dass das Produkt frei von bedenklichen Zusätzen ist.
- Zutatenliste auf Länge und Verständlichkeit prüfen
- Zuckergehalt unter sechs Gramm pro 100 Milliliter bevorzugen
- Auf Koffeinhinweise achten oder grundsätzlich von Koffein ausgehen
- Teegehalt in Prozent überprüfen
Die beste Alternative: Selbst gemacht
Wer Kindern Eistee anbieten möchte, sollte die einfachste Lösung in Betracht ziehen. Verbraucherzentralen empfehlen ausdrücklich, Eistee zu Hause selbst herzustellen. Wenn als Grundlage reiner Früchtetee ohne Aromen oder Bestandteile von Schwarztee verwendet wird, eignet sich das Getränk ideal für Kinder. Für einen fruchtigen Geschmack sorgt ein Schuss Saft. Zusätzlicher Zucker ist damit überflüssig.
Diese Variante bietet mehrere Vorteile: Sie ist frei von Koffein, enthält keine künstlichen Zusatzstoffe, lässt sich individuell auf den Geschmack abstimmen und gibt Eltern die volle Kontrolle über die Inhaltsstoffe. Der Zeitaufwand ist minimal – Tee kochen, abkühlen lassen, nach Wunsch mit etwas Fruchtsaft verfeinern. Eine gesunde Erfrischung für Klein und Groß, die ohne versteckte Zusätze auskommt und den Geschmackssinn nicht auf überhöhte Reize trainiert. Nebenbei spart diese Lösung auch noch Geld und vermeidet Plastikmüll durch Einwegflaschen.
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