Das sind die 7 Warnsignale dafür, dass du unter dem Impostor-Phänomen leidest, laut Psychologie

Fühlst du dich wie ein Hochstapler im eigenen Leben? Diese Warnsignale verraten dir die Wahrheit

Du hast gerade eine Beförderung bekommen. Dein Team applaudiert. Dein Chef gratuliert. Und du? Du denkst nur: „Wenn die wüssten.“ Herzlich willkommen in der bizarren Welt des Impostor-Phänomens – einem psychologischen Muster, das selbst die erfolgreichsten Menschen dieser Welt in nervöse Wracks verwandelt. Das Verrückte daran: Du bist damit nicht allein. Nicht mal ein bisschen.

Was hier passiert, ist kein Einzelfall und keine Marotte von Perfektionisten. Es ist ein wissenschaftlich untersuchtes Phänomen, das so weit verbreitet ist, dass Forscher seit den 1970er Jahren versuchen zu verstehen, warum unser Gehirn uns manchmal derart sabotiert. Die Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes beobachteten 1978 etwas Seltsames: Extrem erfolgreiche Frauen – wir reden hier von Akademikerinnen mit beeindruckenden Karrieren – waren absolut überzeugt davon, dass sie Betrügerinnen waren. Diese Menschen hatten Stapel von Beweisen für ihre Kompetenz: Auszeichnungen, Abschlüsse, Beförderungen. Aber ihr Gehirn? Das hatte andere Pläne.

Was ist das Impostor-Phänomen überhaupt?

Clance und Imes nannten dieses Muster das Impostor-Phänomen. Und ja, es heißt bewusst Phänomen, nicht Syndrom. Warum? Weil es keine offizielle psychologische Diagnose ist. Du wirst es nicht im dicken Katalog der psychischen Störungen finden. Aber das macht es nicht weniger real oder weniger problematisch. Im Gegenteil: Eine systematische Übersichtsarbeit von Bravata und ihr Team aus dem Jahr 2020 analysierte über 62 Studien mit mehr als 33.000 Teilnehmern und zeigte eindeutig, dass dieses Phänomen zu chronischem Stress, Burnout und sogar Depressionen führen kann.

Das Impostor-Phänomen funktioniert so: Du erreichst etwas. Etwas Gutes. Etwas Beeindruckendes sogar. Aber statt stolz zu sein, schiebt dein Gehirn den Erfolg auf alles andere als deine Fähigkeiten. Glück. Timing. Die Tatsache, dass die Konkurrenz gerade im Urlaub war. Und die ganze Zeit lebst du in panischer Angst, dass irgendwann jemand die vermeintliche Wahrheit herausfindet: dass du eigentlich keine Ahnung hast.

Eine kognitive Verzerrung mit ernsten Folgen

Was hier passiert, nennen Psychologen einen Attributionsfehler. Das ist eine kognitive Verzerrung – eine systematische Fehlfunktion in der Art, wie dein Gehirn Informationen verarbeitet. Menschen mit Impostor-Gefühlen schreiben Erfolge externen Faktoren zu, also Dingen außerhalb ihrer Kontrolle. Misserfolge dagegen? Die sind natürlich komplett deine Schuld und der Beweis dafür, dass du unfähig bist.

Die Forschung zeigt, dass das Impostor-Phänomen eng mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft ist, besonders mit Neurotizismus – also der Tendenz zu Angst und emotionaler Instabilität – und niedrigem Selbstwertgefühl. Wenn du grundsätzlich eher zu Sorgen neigst, ist dein Gehirn anfälliger für diese Art von verzerrtem Denken. Das Problem dabei: Diese Denkweise verhindert, dass du jemals Selbstvertrauen aufbaust, egal wie viel du erreichst.

Die sieben Warnsignale: Erkennst du dich wieder?

Jetzt wird es konkret. Hier sind die typischen Anzeichen dafür, dass das Impostor-Phänomen auch in deinem Kopf sein Unwesen treibt. Wenn du bei mehreren Punkten denkst „Verdammt, das bin ja ich“, dann gehörst du wahrscheinlich zu den betroffenen Menschen.

Du schreibst jeden Erfolg dem Zufall zu

Projekt erfolgreich abgeschlossen? „Ich hatte einfach Glück mit dem Team.“ Gehaltserhöhung bekommen? „Die mussten halt jemandem mehr zahlen.“ Auszeichnung erhalten? „War ein schwaches Jahr für die Konkurrenz.“ Klingt vertraut? Das ist der klassische Attributionsfehler in Aktion. Dein Gehirn sucht systematisch nach externen Erklärungen für deine Erfolge, während es Misserfolge direkt auf deine vermeintliche Unfähigkeit zurückführt. Clance und Imes beschrieben dieses Muster schon in ihrer Ursprungsstudie als Kernmerkmal des Phänomens.

Die Angst vor der Entlarvung ist dein ständiger Begleiter

Du gehst nicht einfach zur Arbeit. Du spielst Theater. Jeden verdammten Tag. Und die Angst, dass jemand hinter die Kulissen schaut und merkt, dass du „eigentlich keine Ahnung hast“, ist wie ein permanentes Hintergrundrauschen in deinem Kopf. Jedes Meeting könnte das Meeting sein. Jede Präsentation könnte der Moment sein, in dem alle erkennen, dass du ein Hochstapler bist. Diese ständige Wachsamkeit ist erschöpfend. Dein Körper läuft im Dauerstress-Modus, weil er glaubt, dass du ständig in Gefahr bist. Die Forschung zeigt, dass diese chronischen Zweifel nicht nur mental belastend sind, sondern auch körperliche Stressreaktionen auslösen.

Perfektionismus ist deine zweite Natur

Wenn „gut genug“ in deinem Wortschatz nicht existiert, ist das ein massives Warnsignal. Menschen mit Impostor-Gefühlen setzen sich oft unmögliche Standards und interpretieren jede kleinste Abweichung als Beweis ihrer Inkompetenz. Eine Studie von Vergauwe und Kollegen aus dem Jahr 2015 untersuchte über 900 Ingenieurstudenten und fand eine starke Korrelation zwischen Impostor-Gefühlen und maladaptivem Perfektionismus. Maladaptiv bedeutet hier: schädlich. Der Perfektionismus hilft dir nicht, er macht dich fertig. Je mehr du leistest, desto höher setzt du die Latte für dich selbst.

Du minimierst systematisch deine Leistungen

„Das war doch nichts Besonderes.“ „Das hätte jeder machen können.“ „Ich habe nur meinen Job gemacht.“ Kommt dir das bekannt vor? Diese systematische Abwertung deiner eigenen Leistungen ist ein Klassiker. Das wirklich Bizarre: Objektive Beweise für deine Kompetenz interessieren dich nicht die Bohne. Zeugnisse? Irrelevant. Auszeichnungen? Zufall. Positives Feedback? Die waren halt nett. Dein Gehirn hat sich entschieden, dass du ein Hochstapler bist, und keine noch so eindeutige Evidenz wird es vom Gegenteil überzeugen.

Übervorbereitung ist dein Standardmodus

Ein zehnminütiges Gespräch mit dem Chef? Besser die halbe Nacht vorbereiten. Eine Präsentation über ein Thema, das du im Schlaf beherrschst? Lieber nochmal alles dreifach durchgehen. Diese extreme Übervorbereitung sieht nach außen wie Fleiß aus, ist aber oft reines Angstmanagement. Das Tückische daran: Diese Übervorbereitung führt meist zu guten Ergebnissen. Was dann wiederum das Impostor-Phänomen füttert. „Natürlich lief es gut, ich habe mich ja auch wahnsinnig vorbereitet. Ohne diese Vorbereitung wäre ich total gescheitert.“ Die Möglichkeit, dass du auch mit weniger Aufwand erfolgreich gewesen wärst, kommt gar nicht erst in Betracht.

Du vermeidest neue Herausforderungen aktiv

Beförderung angeboten bekommen? „Ich bin noch nicht so weit.“ Spannendes Projekt? „Das ist zu viel Verantwortung für mich.“ Die Angst, als inkompetent entlarvt zu werden, führt dazu, dass Betroffene Chancen aktiv aus dem Weg gehen. Die Forschung zeigt eindeutig, dass diese Vermeidungshaltung zu geringerer beruflicher Zufriedenheit und Karrierehemmnissen führt. Du bleibst unter deinen Möglichkeiten – nicht weil du unfähig bist, sondern weil deine verzerrte Selbstwahrnehmung dich daran hindert, dein Potenzial auszuschöpfen.

Vergleichen ist deine Lieblingsbeschäftigung

Du scrollst durch soziale Medien und denkst: „Alle anderen haben ihr Leben im Griff, nur ich nicht.“ Du siehst die Erfolge anderer in gestochen scharfer Qualität und nimmst deine eigenen durch einen Grauschleier wahr. Dieser verzerrte soziale Vergleich ist pures Gift für dein Selbstwertgefühl. Besonders heimtückisch in der Ära von LinkedIn und Instagram: Du vergleichst deine Innenperspektive – inklusive aller Zweifel, Ängste und Unsicherheiten – mit der sorgfältig kuratierten Außendarstellung anderer Menschen. Das ist, als würdest du deine ungeschminkten Outtakes mit dem perfekt bearbeiteten Endprodukt von jemand anderem vergleichen.

Warum macht unser Gehirn so etwas?

Die Millionen-Dollar-Frage: Warum sabotiert sich unser Gehirn auf diese Weise? Die Forschung hat einige Antworten gefunden. Persönlichkeit spielt eine große Rolle. Starke Zusammenhänge bestehen zwischen Impostor-Gefühlen und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, insbesondere Neurotizismus und niedrigem Selbstwertgefühl. Wenn du grundsätzlich eher ängstlich bist und dich selbst kritisch siehst, ist dein Gehirn anfälliger für diese Art von verzerrtem Denken.

Aber es ist nicht nur Persönlichkeit. Auch dein Umfeld spielt eine Rolle. Hochleistungsumgebungen, in denen ständig Exzellenz erwartet wird, können das Phänomen verstärken. Wenn „gut“ der Standard ist, fühlt sich „ausgezeichnet“ wie das absolute Minimum an. Kein Wunder, dass das Impostor-Phänomen besonders häufig bei Studenten und jungen Akademikern auftritt. Und was ist mit Geschlecht? Ursprünglich wurde das Phänomen hauptsächlich bei Frauen untersucht. Die Forschung zeigt heute aber, dass es alle Geschlechter ziemlich ähnlich häufig betrifft.

Die Folgen: Mehr als nur ein unangenehmes Gefühl

Das Impostor-Phänomen ist nicht nur ein bisschen Selbstzweifel, den du mit einem Motivationsvideo von YouTube wegtherapieren kannst. Die Konsequenzen können heftig sein. Chronischer Stress ist die offensichtlichste Folge. Wenn dein Gehirn ständig im Alarmmodus läuft, schüttet dein Körper dauerhaft Stresshormone aus. Das führt zu Schlafproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten und einem erhöhten Risiko für verschiedene gesundheitliche Probleme.

Burnout ist eine weitere häufige Konsequenz. Die Kombination aus Perfektionismus, Übervorbereitung und ständiger Angst ist wie ein Marathon für deine Psyche – und irgendwann geht dir der Treibstoff aus. Signifikante Zusammenhänge bestehen zwischen Impostor-Gefühlen und emotionaler Erschöpfung. Soziale Isolation ist subtiler, aber nicht weniger problematisch. Wenn du dich wie ein Betrüger fühlst, ziehst du dich oft zurück. Networking? Zu riskant, jemand könnte Fragen stellen, die deine vermeintliche Unfähigkeit offenbaren. So schneidest du dich von wichtigen sozialen Ressourcen und Unterstützung ab.

Der Ausweg: Wie du dieses Denkmuster durchbrichst

Jetzt die gute Nachricht: Das Impostor-Phänomen ist nicht in Stein gemeißelt. Es gibt evidenzbasierte Strategien, um aus diesem destruktiven Denkmuster auszubrechen. Dein Gehirn hat eine selektive Wahrnehmung und erinnert sich besser an Fehler als an Erfolge. Ein Erfolgsjournal kann hier Abhilfe schaffen – nicht in peinlicher Selbstbeweihräucherung, sondern faktisch: Was hast du erreicht? Welches Feedback hast du bekommen? Welche Probleme hast du gelöst? Wenn die Impostor-Gedanken wieder zuschlagen, hast du schwarz auf weiß Beweise, die deiner verzerrten Wahrnehmung widersprechen.

Hinterfrage deine Attributionen. Wenn du das nächste Mal erfolgreich bist und denkst „Das war nur Glück“, halt inne. Frag dich: Würde ich das auch denken, wenn es jemand anderem passiert wäre? Wahrscheinlich nicht. Du würdest sagen: Die Person hat sich das verdient, sie ist kompetent. Diese doppelte Standardmesslatte ist der Knackpunkt. Trainiere dich darin, die gleichen Standards auf dich anzuwenden wie auf andere.

Sprich darüber. Das Impostor-Phänomen lebt von Geheimhaltung. Solange du denkst, du wärst die einzige Person, die sich so fühlt, bleibt die Scham stark. Aber wenn du anfängst, darüber zu sprechen, wirst du erstaunt sein, wie viele Menschen sagen: Mir geht es genauso. Schätzungen zufolge erleben viele Menschen irgendwann in ihrem Leben impostorartige Gefühle. Du bist definitiv nicht allein.

Redefiniere Erfolg und Scheitern. Perfektionismus füttert das Impostor-Phänomen. Wenn nur „perfekt“ als Erfolg zählt, ist jedes andere Ergebnis ein Versagen. Das ist eine unmögliche Gleichung. Übe dich darin, „gut genug“ als legitimes Ziel zu akzeptieren. Und Scheitern? Das ist kein Beweis deiner Unfähigkeit, sondern ein normaler Teil des Lernprozesses. Hole dir externe Perspektiven. Deine Selbstwahrnehmung ist verzerrt. Deshalb kann es hilfreich sein, Menschen zu fragen, denen du vertraust: Was sind aus deiner Sicht meine Stärken? Die Antworten werden dich wahrscheinlich überraschen.

Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Wenn die Impostor-Gefühle so stark sind, dass sie deinen Alltag massiv beeinträchtigen, ist es keine Schande, professionelle Hilfe zu suchen. Kognitive Verhaltenstherapie hat sich als wirksam erwiesen, um diese Art von verzerrtem Denken zu adressieren. Ein Therapeut kann dir helfen, die Wurzeln dieser Gedankenmuster zu identifizieren und konkrete Strategien zu entwickeln.

Du bist kein Hochstapler – dein Gehirn spielt dir nur einen Streich

Das Impostor-Phänomen ist ein weit verbreitetes psychologisches Muster, bei dem kompetente Menschen sich trotz objektiver Beweise für ihre Fähigkeiten wie Betrüger fühlen. Es basiert auf kognitiven Verzerrungen – dein Gehirn interpretiert Informationen systematisch falsch. Die Warnsignale reichen von der Zuschreibung von Erfolgen an Glück über ständige Entlarvungsängste bis hin zu extremem Perfektionismus. Die Folgen können erheblich sein: chronischer Stress, Burnout, soziale Isolation.

Aber das Wichtigste: Das ist nicht unveränderbar. Durch bewusste Strategien kannst du dieses Denkmuster durchbrechen. Es braucht Zeit und Übung, aber es ist möglich. Wenn du also das nächste Mal in einer Situation bist und dein innerer Kritiker anfängt zu schreien, dass du ein Hochstapler bist, atme tief durch. Erinnere dich daran, dass dieser Gedanke auf einer Verzerrung basiert, nicht auf der Realität. Du bist hier, weil du die Fähigkeiten hast. Du hast erreicht, was du erreicht hast, weil du kompetent bist. Dein Erfolg ist kein Zufall, und du bist definitiv kein Betrüger. Dein Gehirn spielt dir nur einen besonders hartnäckigen Streich.

Was flüstert dein Gehirn nach jedem Erfolg?
War nur Glück
Andere waren besser
Ich hab nichts Besonderes getan
Irgendwann flieg ich auf
Eigentlich kann ich nichts

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